Afra Griebel ist fast täglich im Watt – und sucht Bernstein mit ihrem Pferd. Sie ist im Sulky mit Hengst Glenny unterwegs. pferde.de sprach mit ihr über diese ganz besondere Suche – und warum Glenny dabei auch ein Glücksbringer für sie ist…
Um Bernstein zu suchen, braucht es ein gutes Auge. Erfahrung. Glück. Und Afra Griebel braucht dazu einen Begleiter auf vier Hufen: Mit ihrem Traberhengst Glenny ist die 68-Jährige fast täglich im Watt vor der Insel Neuwerk unterwegs. Klingt ungewöhnlich? Ist es auch – eigentlich. Doch wer ihre Geschichte kennt, merkt sofort: Für sie ist es das Normalste der Welt.
Ein Grund: Griebel ist mit Pferden aufgewachsen. „Meine Eltern hatten eine Traberzucht. Da habe ich die Liebe zu Pferden dem Trabsport wohl mit der Muttermilch mitbekommen“, sagt Griebel lachend. Als Kind ist sie geritten und saß natürlich auch schon früh im Sulky. Über ihren Bruder lernte sie Volker Griebel kennen – und verliebt sich in ihn.
Für ihn zog Afra Griebel mit 18 auf die Insel Neuwerk. Nicht nur sie ist pferdeverrückt, auch ihr Mann als ehemaliger Jockey liebt Pferde über alles. Und so ist schnell klar: Auf Neuwerk soll sich auch (fast) alles um Pferde drehen.

Therapie für lungenkranke Pferde an der Nordsee
Denn auf Neuwerk gibt es vor allem eins – die gesunde Nordseeluft. „In den 80er bis in die 2000er Jahre waren Sportpferde bei uns – vor allem zur Therapie“, so Griebel. Vor allem Pferde mit Atemproblemen kamen zu ihnen an die Nordsee – aber nicht nur. „Wir hatten auch Pferde mit Sehnenschäden, die ein Aufbautraining brauchten. Oder Pferde, die einfach mal eine Auszeit haben sollten.“
Dabei sollten sich die Pferde auf Neuwerk nicht nur erholen. Auch tägliches Training im Watt gehörte dazu. „Ich habe immer die Pferde, die eine lange, langsame Tour machen sollten“, so Griebel. Während sie langsam mit dem Sulky durchs Watt fuhr, entdeckte sie plötzlich etwas. „Da lag ein Stück Bernstein. Ich habe mich runtergebückt und es eingesammelt.“

Hengst Glenny bekommt ein zweites Leben
Seitdem gehört beides für sie zusammen – die Sulky-Tour mit ihrem Pferd und die Suche nach Bernstein. Seit vielen Jahren ist dabei Traber Glenny immer an ihrer Seite. „Er kam eigentlich zum Muskelaufbau zu uns“, sagt Afra Griebel. Danach ging es für ihn zur Rennbahn. „Im Jahr darauf war er wieder bei uns, weil er was an der Lunge hatte.“ Als es ihm wieder richtig gut ging, kam er zurück in seinen Rennstall. „Dann kam plötzlich der Anruf: ‚Glenny bleibt immer stehen‘, erzählte sein Trainer“, so Griebel.
So kam er wieder nach Neuwerk. „Und diesmal haben wir ihn behalten.“ Denn als Traber hatte Glenny keine Zukunft. Griebel hat dem Hengst ein neues Leben geschenkt. „Und er schenkt mir so viel“, sagt sie. „Er ist wie ein Bruder für mich. Ich bin wirklich sehr glücklich mit ihm.“ Die schönsten Momente? Wenn sie zusammen durchs Watt fahren. „Die Nähe zur Natur, die Ruhe – das alles sind unbeschreibliche Momente.“ Was sie dabei besonders freut? „Glenny liebt das Wasser – wie ich.“
Touren nach dem Gezeitenplan
Manchmal bliebt er mit ihr im Pril stehen. „Er liebt es, wenn das Wasser um seine Beine strömt.“ Mit ihm kann sie auch ganz nah an die Seehunde. „Die sind ganz neugierig, wenn wir kommen. Sie haben keine Angst vor uns.“ Ihre Ausflüge richten sich nach dem Gezeitenplan. „Wir fahren drei Stunden vor Niedrigwasser los. Dann können wir etwa drei Stunden im Watt bleiben.“ In ihrem Sulky, einem Korbwagen, hat sie genug Platz für den Bernstein, den sie sammelt. Immer dabei ist auch eine Greifzange. „Damit kann ich ihn ganz bequem einsammeln.“
Ihre Ausbeute? Unterschiedlich. Es gibt Tage, da findet sie nichts. Dann gibt es Tage, da hat sie 600 oder 700 Gramm Bernstein im Beutel. Ihr größter Fund? Ein 1,45 Kilo Bernstein! Was sie mit ihrer glänzenden Beute macht? „Der Bernstein ist in Eimern bei mir zuhause. Ich bin eben eine Sammlerin“, so Griebel lachend. Einige Stücke hat sie auch einem Schmuckdesigner in Hamburg verkauft.

Afra Griebel genießt einfach die Zeit mit Glenny
Aber der Verkauf ist für sie nicht wichtig. „Ich genieße einfach die Zeit mit Glenny.“ Und diese besonderen Momente teilt sie gerne. „Ich mache auch Führungen mit Reitern durchs Watt. Mal geht es zu den Seehunden, mal auf Bernsteinsuche.“ Denn heute kommen ab April oder Mai oft lungenkranke Pferde zu ihr an die Nordsee, um die gesunde Luft zu atmen.
Für die Pferde ist Neuwerk ein Paradies: „Wir haben am Außendeich 120 Hektar Weide.“ Die Besitzer kommen dann für einen Urlaub auch auf die Insel und genießen die Ritte durchs Watt. „Sie sind begeistert, weil sie die Natur ganz intensiv erleben können.“ Und Griebel freut sich, dass sie den Menschen die Küste nahebringen kann.
Mit Glenny genießt sie aber auch die ruhigen Herbst- und Wintermonate. „Er ist tagsüber das ganze Jahr auf der Weide, in der Nacht kommt er dann in den Stall.“ Für Afra Griebel ist er ihr Herzenspferd – egal, wie viel Bernstein sie mit ihm sammelt. „Wir haben uns gesucht und gefunden…“








